Alois Groß · Thomas Heintz · Hans-Leo Hilgers · Tilla Koch

Öm et net ze verjääße …

Ein Wörter- und Redensartenbuch

aus dem Kirchspiel im Hillesheimer Land


Vorwort

Fragt man Menschen, wie sie „Heimat“ definieren, so könnte man zur Antwort erhalten:

„Geborgenheit und Schutz in Elternhaus, Familie und Verwandtschaft – Eingebundensein in Nachbarschaft, Freundeskreis, Verein, Dorfgemeinschaft und Pfarrgemeinde – Verwurzelung in der Region und der Landschaft mit ihrer Geschichte, ihrem Brauchtum und ihrer Kultur – und damit nicht zuletzt auch mit ihrer ganz eigenen und typischen Sprache und Mundart.“

In den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg war der Gebrauch der Eifeler Mundart vielfach verpönt. Plattsprechen galt als unfein und gewöhnlich. Auch waren Eltern vielfach der Meinung, Mundartsprechen ihrer Kinder hindere diese am Fortkommen. Deshalb ist die Verbreitung der Mundart besonders im städtischen, aber auch im ländlichen Bereich stark zurückgegangen. Immer mehr Kinder und Jugendliche haben keinen Kontakt mehr zum regionalen Dialekt.

Heute ist wieder ein allmähliches Umdenken zu beobachten, wie es z. B. auch Mundartwettbewerbe in unseren Schulen beweisen. Das ist erfreulich, denn die Mundart ist ja viel älter als unsere Schriftsprache, die sich erst nach Luthers Bibelübersetzung ausbreitete, und von der es heißt, dass sie in der Kirche in Üxheim gar erst um 1835 eingeführt wurde. Trotz dieser genannten kleinen Lichtblicke bleibt es dabei: Immer weniger Menschen sprechen noch Mundart und es droht ein weitgehender Verlust oder eine Verkümmerung dieses wertvollen Kulturguts. Mundart ist oft wortreicher, vielfach prägnanter und zuweilen auch bildhafter als Hochdeutsch. Wer sowohl Dialekt als auch Hochdeutsch beherrscht kann in unterschiedlichen Situationen mit der jeweiligen Sprache agieren und reagieren und besitzt dadurch einige Vorteile der Kommunikation im ländlichen Alltag und im Umgang mit den Menschen.

So war es nicht verwunderlich, dass im Rahmen der Lokalen Agenda in der Verbandsgemeinde Hillesheim der Arbeitskreis für Kunst, Kultur und Bildung sich dieses Themas annahm und Überlegungen anstellte, wie diesem Rückgang und dieser Verkümmerung entgegen gewirkt werden könnte. Es war die Idee geboren, die örtliche Mundart in einem Buch in Kombination mit einer Audio-CD in Text und Ton festzuhalten.

Wie es unser Buchtitel schon sagt: – Öm et net ze verjääße – soll hiermit einem Vergessen und unwiederbringlichen Aussterben der Sprache unserer Eltern und Vorfahren begegnet und damit gleichzeitig ein wichtiges Kulturgut, die Eifeler Mundart, auf diese Art und Weise dokumentiert werden. So hat das vorliegende „Wörter- und Redensartenbuch“ die Mundart im Kirchspiel zur Grundlage, so wie sie noch Anfang des letzten Jahrhunderts gesprochen wurde. Damit haben wir eine Vielzahl von Fachbezeichnungen und Umschreibungen retten können, die insbesondere mit dem Fortfall der alten handwerklichen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten heute schon weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Deshalb sind auch die vielfach zu einzelnen Begriffen gebildeten einfachen Beispielsätze vorwiegend dem kleinbäuerlichen Alltagsleben vergangener Tage entnommen.

Als Kirchspiel bezeichnet man von jeher die Dörfer der alten Pfarrei Üxheim, nämlich: Üxheim, Ahütte, Leudersdorf, Flesten und Nollenbach. Wir, die Texter dieses Buches, sind hier geboren und aufgewachsen und sprechen dieses Platt bis zum heutigen Tag. Unsere Mundart zählt zum moselfränkischen Sprachbereich, jedoch sind starke Überschneidungen mit dem nördlich angrenzenden Ripuarisch- Kölnischen unüberhörbar. Hat das vorliegende Buch zwar den Dialekt im Kirchspiel zur Grundlage, so dürfte es doch auch über diese engen Grenzen hinaus, im gesamten Hillesheimer Land, in den angrenzenden Dörfern der Gemeinde Blankenheim, sowie der Verbandsgemeinden Adenau, Kelberg, Daun, Gerolstein und Obere Kyll von Interesse sein, denn das Platt in diesen Ortschaften weicht doch von dem hiesigen nur mehr oder weniger geringfügig ab.

Die Sammlung umfasst vorwiegend solche Wörter, Begriffe, Redewendungen und sprachliche Besonderheiten, die es im Hochdeutschen so nicht gibt oder die erheblich davon abweichen. Damit ist sie natürlich unvollständig und der des hiesigen Platt Kundige wird ihr schnell noch diesen oder jenen örtlich typischen Begriff hinzufügen können.

Über die Herkunft unserer Mundartausdrücke haben wir, mit Ausnahme einiger aus dem Französischen, keine weiteren Nachforschungen angestellt, und auf die Schreibweise in unserem Platt mit Absicht keinen übermäßig großen Wert gelegt. Dazu fehlt uns jede sprachwissenschaftliche Vorbildung. Auch lassen sich in dieser Hinsicht wohl kaum verbindliche Regelungen für die Rechtschreibung finden. Maßgebend war für uns, eine Schreibweise zu wählen, die am leichtesten gelesen werden kann.

Auf einige typische und markante Besonderheiten soll aber im Anschluss in Text und auch in Ton (auf der CD) hingewiesen werden.

Wir bedanken uns bei all denen ganz herzlich, die uns bei der Sammlung unseres „Wort- und Redensartenschatzes“ bewusst, oder oft auch von ihnen selbst unbemerkt, behilflich waren. In besonderer Weise erwiesen sich die diesbezüglichen langjährigen und umfangreichen Aufzeichnungen von Frau Gerta Hilgers aus Üxheim als überaus nützlich. Sie hat unsere Arbeit darüber hinaus aus dem Hintergrund ständig konstruktiv begleitet. Herzlichen Dank dafür!


Daneben dienten uns die nachstehenden Veröffentlichungen als wertvolle Hilfe:

  • Hefte des Üllewer Weckepeller
  • Nokixel – Wortsammlung der Dernauer Mundart von H. J. Schmitz
  • Wortsammlung der Adenauer Mundart von Katharina Wißner
  • Von Abelong bos Zau dich Jong (Mundart im ehemaligen Kreis Schleiden) von Fritz Koenn
  • Op Kölsch von Peter Caspers
  • Winterspelter Wörterbuch von Pfarrer Franz Kelkel
  • Niedereher Familienbuch von Paul Hilgers

Wir wünschen uns für dieses Werk einen schnellen Einzug in alle Wohnstuben der Eingeborenen, der Weggezogenen und auch der Neueifler. Der jungen Generation sei es ein Wegweiser, um die Wurzeln unserer Schrift- und Umgangssprache nicht zu verlieren und zu ihnen – und damit zu den Ursprüngen Eifeler Lebensart – zurück zu finden. Im nunmehr angebrochenen 21. Jahrhundert sollte dieses Stück „Heimat“ nicht auf der Strecke bleiben.

Kirchspiel im Jahr 2009
Alois Groß,
Hans Leo Hilgers,
Tilla Koch,
Thomas Heintz